Maria Potrzeba
„Ich kann nicht beschreiben, wie wund meine Seele war und ich bekomme diese Bilder nicht aus dem Sinn.“
Maria Potrzeba
Maria Potrzeba wurde am 1. April 1927 in Asbeck im Münsterland geboren. Mit zwölf Jahren wurde sie Vollwaise und versorgte von da ab auch ihre beiden jüngeren Geschwister. Sie arbeitete auf dem Kotten (kleiner Pachtbauernhof), den ein älterer Bruder übernommen hatte, und trug außerdem durch diverse Tätigkeiten zum Unterhalt bei. Dadurch hatte sie keine Zeit für den BDM, was ihr 1938 ernannter Vormund, der Ortsbauernführer, kritisierte. Sie war eine Aussenseiterin, die nur wenig Unterstützung im Dorf erhielt.
Durch Verleumdung und eine Intrige wurde die freundschaftliche Beziehung zu den beiden polnischen Zwangsarbeitern Florian Spionska und Josef Goryl von der Gestapo als Liebschaft deklariert. Maria Potrzeba wurde durch Schläge und Einschüchterung gezwungen, ein vorgefertigtes “Geständnis“ zu unterschreiben. Sie wurde verhaftet. Florian Spionska und Josef Goryl wurden 1942 von Gestapobeamten aus Münster im Asbecker Wald hingerichtet. Maria Potrzeba kam wegen des Vorwurfs >Sexueller Verworfenheit< über die Fürsorge 1941 ins Vinzenheim nach Dortmund, dann im Januar 1943 in das KZ Uckermark. Dort arbeitete Maria Potrzeba drei Monate im Steinbruch, dann nach Vollzug einer Prügelstrafe von 25 Hieben zwischenzeitlich in der Stickerei, später in der Bastelwerkstatt.
Ende Oktober 1944 wurde Maria Potrzeba in die Jugendheimstätte Bärensprung (ein SS-Kinderheim) entlassen, wo sie Kinderplegerin lernte. Nach einem halben Jahr ging sie mit einer ihrer Lehrerinnen nach Berlin.
1945 kehrte Maria Potrzeba nach Asbeck zurück, wo weiterhin die alten repressiven Strukturen mit Ressentiments und Anfeindungen der Dorfbevölkerung vorherrschten und sie nach wie vor ausgegrenzt wurde.
Maria Potrzeba arbeitete als Tagesmutter und hat drei eigene Kinder. „Ich hatte kein schönes Leben,“ schreibt sie in einem Brief, „aber meine Kinder und Plegekinder gaben mir immer Kraft nicht zu verzweifeln.“
Bis zuletzt litt sie unter Panikattacken und gesundheitlichen Schäden durch die Inhaftierung.
Am 25. Februar 2017 starb Maria Potrzeba in Herne.
Ergänzung:
- Film der Initiative für einen Gedenkort ehemaliges KZ Uckermark in Kooperation mit der Österreichischen Lagergemeinschaft Ravensbrück
Der Dokumentarfilm „…dass das heute noch immer so ist — Kontinuitäten der Ausgrenzung“ schildert exemplarisch die Geschichte von Verfolgung und Stigmatisierung sogenannter Asozialer im Nationalsozialismus. In Interviewsequenzen erzählen Nichten und Neffen von Maria Potrzeba, wie sie von der Verfolgung ihrer Tante erfahren haben und was die Geschichte für sie bedeutet…
Infos zum Film: http://film-kontinuitaeten-heutenoch.de/ (hier auch der Link zu Vimeo) - Portrait von Maria Potrzeba anlässlich ihres 80 Geburtstags von Heike Rode, erschienen in den Ravensbrück Blättern – als PDF
- Maria ist in der Nacht zum 25.2.2017 gestorben. Sie wird uns fehlen! Wir sind ihr unendlich dankbar für ihren Mut, ihr Vertrauen in uns und unsere Arbeit und für alles, was sie mit uns geteilt hat. Bitte lesen Sie unseren Nachruf (als pdf)
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Es war wie Hexenjagd… – Die vergessene Verfolgung ganz normaler Frauen im Zweiten Weltkrieg
Schwarze, Gisela: Ardey 2009